Die elektronische Patientenakte ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der Gesundheitssysteme weltweit. Nur wenn Gesundheitsdaten umfassend und aktuell verfügbar sind, entsteht eine neue Art der einrichtungsübergreifenden Patientenbehandlung. Und nur dann lässt sich das Potenzial der Gesundheitssysteme mithilfe von Statistiken, Big Data und Innovationen wie künstlicher Intelligenz und Precision Medicine voll ausschöpfen.

Mit Standards zum Erfolg

Mitgliederbeitrag: x-tention Informationstechnologie AG, Zürich


WAS IST IHE?

Integrating the Healthcare Enterprise (IHE) ist eine weltweite Non-Profit-Initiative. IHE arbeitet mit Anwendern und Herstel lern zu häufig benötigten eHealth-Interoperability-Anwendungsfällen, um für sie weltweit akzeptable, detaillierte und auf Standards basierende Spezifikationen zu erstellen (siehe Grafik). Darüber hinaus unterstützt IHE den Einsatz dieser Profile durch eine Open-Source-Testplattform und eine Produktkonformitätsbestätigung.

ANWENDUNGSFÄLLE WELTWEIT ÄHNLICH

Der Beitrag von IHE besteht darin, sicherzustellen, dass diese globalen Gemeinsamkeiten in der Standardgemeinschaft herausgearbeitet werden, bevor sie für bestimmte Märkte oder Implementierungen als Basis dienen und gegebenenfalls um lokale Anforderungen bereichert werden. Dies führt zu weltweit ähnlichen Lösungen und ist eine Voraussetzung für einen globalen Markt mit interoperablen und getesteten Produkten, der zu einem gesunden Wettbewerb und damit zu Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit führt.

 

BEDEUTUNG VON IHE

Für Patienten nationale oder regionale Patientenakten einzurichten ist aufwendig, weil viele Stakeholder einzubinden sind. Meist stehen solche Projekte unter der Governance einer übergeordneten Entität, wie zum Beispiel der Autorität einer Region oder eines Staates.

Unterschiedliche Gesundheitsdienst-Einrichtungen, die möglicherweise in verschiedenen Trägerorganisationen organisiert sind, müssen mit unterschiedlichen Softwaresystemen verbunden werden. Dass zum Teil, wie in Öster- reich, zentrale Komponenten, wie ein nationales/regionales Patientenregister, ein Gesundheitsdienste-Anbieterverzeichnis, ein Zugriffskontrollsystem, etc. zu integrieren sind, erschwert das Vorhaben zusätzlich. Dies resultiert in einer Vielzahl von Systemen, die einen Datenaustausch nur mit einem hohen technischen Aufwand zustande bekämen. Um dies zu vermeiden, sind internationale Standards nötig, und die gibt es bereits. So zeichnet sich der bilaterale Datenaustausch schon am Horizont ab, in Europa zum Beispiel durch die eHDSI (eHealth Digital Service Infrastructure) Agenda.

Entscheidend ist aber nicht nur der Einsatz besagter internationaler Standards. Wichtig ist vor allem, ob deren Anwendung in den einzelnen eHealth-Interoperability-Anwendungsfällen der weltweit gängigen Praxis entspricht. Denn nur dann ist gewährleistet, dass alle Phasen der Einrichtung einer solchen Akte – von der Spezifikation über die Ausschreibung und Beschaffung bis hin zur Inbetriebnahme und zum Test der Systeme – so kosteneffizient wie möglich gestaltet werden können. Die IHE stellt ebendies sicher.

 

IHE IN DER SCHWEIZ UND ÖSTERREICH

Beste Beispiele sind die Projekte in der Schweiz und in Österreich. In Österreich bildeten die IHE-Profile von Anfang an die Basis für die Entwicklung der nationalen Gesundheitsakte ELGA, die bereits im Jahr 2006 begann. Dementsprechend folgt die Architektur der ELGA einer Vielzahl der gängigen IHE-Profile.

Dank der „geborgten Kompetenz“ der gesamten IHE-Community konnten bei Konzeption, Spezifikation, Beschaffung und Inbetriebnahme der Systeme enorme Kosten gespart werden. Zudem konnte man sich so ganz auf den Einsatz der Profile in Österreich und die damit verbundenen spezifischen Details konzentrieren.

Klar ist: Eine Lösung, die sich alleine auf den Einsatz von IHE-Profilen beschränkt, wäre noch kostengünstiger. Allerdings sind in der Praxis projektbezogene Erweiterungen in der Regel unvermeidbar. Diese sollten jedoch so gering wie nötig gehalten werden.

Die Architekturen in Österreich und in der Schweiz ähneln sich. Auch wenn der rechtliche Rahmen in der Schweiz anders ist als in Österreich – beispielsweise ist die Teilnahme der Patienten am elektronischen Patientendossier freiwillig – kommen doch dieselben IHE-Profile zum Einsatz. Dies wiederum ermöglichte einen regen Informationsaustausch zwischen beiden Ländern: Man konnte voneinander lernen und Fehler vermeiden.

 

WICHTIGE PROFILE UND IHE-STANDARDS

Die wichtigsten IHE-Profile für Gesundheitsakten sind sicherlich jene aus der „IT Infrastructure“ Domäne. Sie sind gleichzeitig auch die am weitesten verbreiteten:

  • Patientenidentifikation und demografische Daten: PIXv3/PDQv3
  • Austausch klinischer Dokumente: Cross-Enterprise Document Sharing (XDS.b), XCA
  • Zugriffskontrolle, Authentifikation und Audit: XUA, ATNA
  • Patienteneinwilligung: APPC, BPPC

 

Darüber hinaus gibt es noch weitere nützliche Profile für Gesundheitsakten:

  • Medikation: Profile der Pharmacy Domäne: CMPD, PRE, DIS, PADV, PML, MTP
  • Radiologie: Profile der Radiology Domäne: XDS-I, XCA-I Neuere IHE-Profile verwenden vermehrt den HL7 FHIR®-Standard, wie zum Beispiel „Mobile Access to Health Documents (MHD)“. Sie ermöglichen den Zugriff auf klinische Dokumente mittels FHIR-Technologie.



DER AUTOR

DI Jürgen Brandstätter

Director Standard Development | x-tention Informationstechnologie GmbH

  • Member of Board, Founding member IHE Austria Deputy
  • Co-Chair bei IHE-Europe
  • IHE International Board
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x-tention Unternehmensgruppe | x-tention.com


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